Wenn man etwas über die Welt wissen will, muß man vor allem die Massenmedien beobachten. Was in den Massenmedien nicht berichtet wird, existiert für die Welt nicht. Das betrifft ebenso Flugzeugabstürze wie Waldsterben, die Brent Sparaktion, Armut, den Golfkrieg oder soziale Bewegungen: "Eine Bewegung, über die nicht berichtet wird, findet nicht statt". Daher stellt sich den Bewegungen die Frage, was und wie etwas Gegenstand der Berichterstattung durch Massenmedien wird. Protest zielt auf politische Willensbildung und Entscheidungsbeeinflussung und muß dafür öffentliche Aufmerksamkeit und Zustimmung anstreben. Öffentlichkeit spielt zwar auch in der Binnenkommunikation sozialer Bewegungen als Voraussetzung der Selbstverständigung und Identitätsbildung eine zentrale Rolle. Doch erst das Ziel breiter Außenresonanz konfrontiert soziale Bewegungen mit den Selektionsmechanismen massenmedialer Kommunikation. Das bleibt nicht ohne Probleme für sie. Innerhalb der Bewegungsforschung sind Gesichtspunkte der Öffentlichkeitssoziologie erst ansatzweise zur Geltung gebracht worden. Von diesen Überlegungen und Erfahrungen gehen die AutorInnen des gerade erschienenen Forschungslournals mit dem Thema 'Soziale Bewegungen und Medien' aus. Sigrid Baringhorst analysiert in ihrem Beitrag den Wandel von Protestaktionen bezüglich der Berichterstattung in den Massenmedien. In früheren Zeiten herrschte die instrumentelle Perspektive vor, der es vorrangig darauf ankam, mit dem besseren Argument zu überzeugen. Mittlerweile hat sich ein entgegengesetzter Trend ausgebildet, bei dem es in hohem Maße um Solidaritätsspektakel, Gemeinschaftsstiftung und eine 'Politics of Identity' geht. John D. McCarthy, Clark McPhail und Jackie Smith beschäftigen sich in ihrer Arbeit mit der Selektivität der Massenmedien bei der Berichterstattung über Protestereignisse in Washington (DC) in den Jahren 1982 und 1991. Ein Ergebnis: Die Wahrscheinlichkeit der Berichterstattung über Demonstrationen steigt mit der Größe und ist abhängig vom Thema der Protestaktion. Die Themenkonjunktur auf der Tagesordnung der Massenmedien ist dabei von entscheidender Bedeutung. In der Ergänzung zu dieser Arbeit ordnet Tibor Kliment die Forschungsliteratur zu dem Zusammenhang von gewalttätigen Protestereignissen und Medienberichterstattung. Ansgar Klein diskutiert am Beispiel von Greenpeace Risiken symbolischer Politikstrategien für den Bewegungssektor. Greenpeace hat sich den üblichen medialen Aufmerksamkeitskriterien zum Zwecke öffentlicher Resonanzsteigerung angepaßt. Nicht mehr die Mobilisierung von engagierten Aktivisten, die in der Öffentlichkeit neue Themen und Meinungen artikulieren, sondern der Ausbau der eigenen medialen Sprecherrolle sowie Gesichtspunkte organisatorisch gesteuerter Kampagnenpolitik dominieren das Handlungskalkül. Linda Steinmetz analysiert in ihrer Studie die Anwendung neuerer Informations- und Kommunikationsmedien in rechtsextremen Gruppierungen und Initiativen.