Das vorliegende Themenheft untersucht die Rolle von Zivilgesellschaften in demokratischen Transformationsprozessen und macht deutlich, daß die Zivilgesellschaft in den unterscheidbaren Phasen der Demokratisierung ihre Rolle und Funktion wechselt. Nach einer z.T. bedeutenden Rolle zivilgesellschaftlicher Akteure in einer Phase der Liberalisierung und zu Beginn der Demokratisierung und einem rapiden Einflußverlust bei erfolgreicher Demokratisierung an andere intermediäre Akteure ist der Weg zur demokratischen Konsolidierung und einer auf zivilgesellschaftliche Teilöffentlichkeiten gestützten demokratischen Streitkultur lang und mühevoll. Unterschiedliche empirisch und historisch ausgerichtete Regionalanalysen untersuchen die Rolle der Zivilgesellschaften für die Demokratisierung. Es ist zu hoffen, daß die theoretische Systematisierung des Beitrags von Zivilgesellschaften für Transformationsprozesse sowohl die Transformationsforschung wie auch die Zivilgesellschafts-Debatte voranbringt.
Hans-Joachim Lauth und Wolfgang Merkel präsentieren in ihrem theoretischen Einleitungsbeitrag ein offenes und dynamisches Konzept von Zivilgesellschaft. Die Unterscheidung von Phasen der Transformation und unterschiedlichen Ebenen des politischen Systems ermöglicht eine Differenzierung von wechselnden Rollen der Zivilgesellschaft in demokratischen Transformationsprozessen.
In seinem kritischen Kommentar zu Lauth/Merkel weist Reinhart Kößler darauf hin, daß eine Ausblendung der sozioökonomischen Dimension und die vorwiegende Orientierung an einer Konsolidierung demokratischer politischer Institutionen zu einem verkürzten Verständnis führen können. Ohne Rückgriff auf ökonomische und soziale Prozesse sei die Dynamik zivilgesellschaftlicher Auseinandersetzungen in Transformationsprozessen zumeist gar nicht zu begreifen.
Siegmar Schmidt zeigt in seiner Analyse der Rolle der schwarzen Bürgervereinigungen (Civics) und Gewerkschaften im Demokratisierungsprozeß Südafrikas, wie beide Organisationen in hohem Maße zur Unterminierung des autoritären Systems beigetragen bzw. die politische Liberalisierung vorangetrieben haben. Aufgrund ihrer oppositionellen Mobilisierungsfunktion und der Unterstützung opositioneller Verhandlungspositionen kam ihnen in der Liberalisierungs- und Demokratisierungsphase Südafrikas eine wichtige Rolle zu.
Regionalstudien zu Taiwan, Singapur und Südkorea, zu Chile und Mexiko sowie zu Portugal und Spanien ergänzen das vorliegende Themenheft.