Das Thema ‚Reform und Umbau des Sozialstaates‘ hat zur Zeit wieder Konjunktur. Angesichts gewandelter Rahmenbedingungen gekennzeichnet durch die Schlagworte Globalisierung, Öffnung der europäischen Märkte, leere Staatskassen, aber auch durch einen rasanten demographischen Wandel gerät der Sozialstaat immer stärker unter Anpassungsdruck. In der politischen Diskussion herrschen zur Zeit neoliberale Konzepte vor. Die Wortführer fordern stärkere Verantwortung des einzelnen und befürworten die Einführung von marktwirtschaftlichen Elementen. Traditionell wird die Produktion von Wohlfahrt jedoch nur in einem geringen Maß über den Markt, sondern vor allem über den Staat und den intermediären Bereich geleistet. Die Akteure des Dritten Sektors stehen im Mittelpunkt des Themenheftes.
Josef Schmid gibt einen Überblick über die unterschiedlichen sozial- bzw. wohlfahrtsstaatlichen Modelle und erläutert sowohl Entwicklung als auch Stand des deutschen Sozialstaats. Der klassische Sozialstaat – so sein Fazit – wird auch künftig und trotz aller Reformdiskussionen ein prägendes Element in Deutschland bleiben.
Die Rolle der Wohlfahrtsverbände und alternativer Anbieter sozialer Leistungen bilanziert Holger Backhaus-Maul. Neue Subsidiarität und gewandelte Formen des Engagements, politisch geförderten Trägerpluralismus sowie die geforderte Effizienzsteigerung stellen für Etablierte und Außenseiter enorme Herausforderungen dar: Schauen die Wohlfahrtsverbände wehmütig auf die Zeit ihrer Privilegien zurück, so müssen die alternativen Anbieter um ihre mühsam erworbenen Anteile am staatlichen Sozialmarkt bangen.
Unter gerechtigkeitstheoretischen Aspekten untersucht Frank Nullmeier den Begriff der Wohlfahrtsgesellschaft, zeigt die blinden Flecken in der Diskussion auf und fordert einen zivilgesellschaftlichen Diskurs ein. Er resümiert, daß Sozialstaatlichkeit eine diskursive Politik der Erörterung und eine Restrukturierung von Verteilungssphären voraussetzt. Damit würde die Wohlfahrtsgesellschaft nicht auf die institutionelle Ebene reduziert, sondern auch daran gemessen, ob diese die Bedingungen zur Entfaltung wechselseitiger Wertschätzung bereitstellt.
Daß der Sozialstaat von dem Engagement seiner Bürger getragen und weiterentwickelt wird, zeigen die Fallbeispiele im Forschungsjournal NSB: Heinz Janning, Detlef Luthe und Frauke Rubart erläutern das Konzept der Freiwilligen-Agentur Bremen und vermitteln das gewandelte Selbsterständnis einer ‚neuen Ehrenamtlichkeit‘. Sabine Werth analysiert die Arbeit der Deutschen Tafeln, die das Prinzip moderner Armenspeisungen mit dem politischen Anspruch verbinden, Armut in einer wohlhabenden Gesellschaft zu thematisieren und zu bekämpfen.