Fast genau zehn Jahre nach dem Themenheft „Migration kontrovers – Integrationspolitik im europäischen Vergleich“ (FJNSB Heft 1/2001) widmet sich ein weiterer Themenschwerpunkt des Forschungsjournals Soziale Bewegungen dem Bereich der Migration und Integration. Der unterschiedliche Themenfokus der beiden Hefte spiegelt dabei den Wandel des Feldes wider: Während zu Beginn des Jahrtausends Migrantinnen und Migranten noch in erster Linie als Objekte von Integrationspolitik behandelt wurden, sind Einwanderer in den letzten zehn Jahren auch immer stärker als selbst handelnde Akteure in den Mittelpunkt des Interesses gerückt. Während sich Heft 1/2001 also vor allem der staatlichen Steuerung von Integration sowie der Mobilisierung für Migrantinnen und Migranten widmete, beleuchtet Heft 2/2011 vor allem die Partizipation von Einwanderern in politischen Prozessen sowie ihre Selbstorganisation.1
Dabei haben Impulse, die im damaligen Heft beschrieben werden, entscheidend dazu beigetragen, Einwanderer heute stärker als eigenständige Akteure in der Zivilgesellschaft wahrzunehmen. Von zentraler Bedeutung war dabei die Aufgabe des Dogmas vom „Nicht-Einwanderungsland“ Deutschland, welche in der Liberalisierung des Staatsbürgerschaftsrechts (2000) sowie der Einführung eines umfassenden Zuwanderungsgesetzes (2005) ihren Ausdruck fand bzw. diese Reformen erst ermöglichte. Die wichtigste Neuerung der Reform des Staatsbürgerschaftsrechts war die – zumindest vorübergehende – Zulassung der doppelten Staatsbürgerschaft bei Kindern ausländischer Eltern, die sich seit mindestens acht Jahren rechtmäßig in Deutschland aufhalten. Diese müssen sich jedoch bis zum 23. Lebensjahr für die deutsche oder die Staatsbürgerschaft ihrer Eltern entscheiden. Das Zuwanderungsgesetz2 regelte schließlich nicht nur Einreise und Aufenthalt unterschiedlicher Zuwanderungsgruppen, sondern schaffte auch erstmals eine umfassende Grundlage für ein Integrationsprogramm inklusive der Einführung von Integrationskursen.
Trotz dieses als Paradigmenwechsel bezeichneten migrations- und integrationspolitischen Wandels in Deutschland bleibt das Verhältnis des deutschen Aufnahmelandes zu seinen Einwanderern zwiespältig. Besonders augenscheinlich zeigt sich diese Ambivalenz in Bezug auf die muslimischen Einwanderer. Während der damalige Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble bereits im Jahr 2006 anlässlich der Einberufung der Deutschen Islamkonferenz (DIK) den Islam als einen „Teil Deutschlands“ bezeichnete, sorgte eine ähnliche Äußerung des Bundespräsidenten Christian Wulff in einer Rede zum Tag der Deutschen Einheit 2010 für Widerspruch in Teilen der Bevölkerung sowie innerhalb der Unionsparteien. Wulff meldete sich dabei auf dem Höhepunkt einer hitzigen Debatte zu Wort, die der damalige Bundesbankvorstand Thilo Sarrazin im Sommer 2010 mit seiner Buchveröffentlichung „Deutschland schafft sich ab“ ausgelöst hatte. Darin konstatiert Sarrazin unter Rückgriff auf biologistische Thesen das Scheitern der Integration eines Großteils der muslimischen Einwanderer, die im deutschen Bildungssystem als Nachkommen bildungsferner ehemaliger Gastarbeiter mehrheitlich nicht bestehen könnten. Im Zuge der Debatte äußerten sich schließlich auch die Bundeskanzlerin sowie der bayerische Ministerpräsident einwanderungskritisch zu Wort. Während Angela Merkel auf dem Deutschlandtag der Jungen Union „Multikulti“ für „gescheitert“ erklärte, stellte Horst Seehofer schließlich fest, Deutschland brauche keine weitere Zuwanderung aus „fremden Kulturkreisen“.
Eine sachlichere, differenzierte Sicht auf die aktuelle Situation in Deutschland bot dagegen das im Frühjahr 2011 veröffentlichte Jahresgutachten des Sachverständigenrates deutscher Stiftungen für Migration und Integration (SVR) zur „Einwanderungsgesellschaft 2010“. Darin konstatiert der SVR – trotz bestehender Probleme – nicht nur Fortschritte in der Integration von Migranten, sondern weist auch auf eine durchaus vorhandene Bereitschaft in der deutschen Bevölkerung hin, eine weitere Zuwanderung von qualifizierte Arbeitskräften aus dem Ausland zuzulassen, um einen Fachkräftemängel in Deutschland auszugleichen.3
Wie wirken sich nun diese skizzierten Rahmenbedingungen auf die Partizipation von Migrantinnen und Migranten in Deutschland aus? In welcher Form zeigen sie sich als „engagierte Einwanderer“, wie weit ist ihre Teilhabe gediehen? Zunächst bietet der Blick auf die Einbürgungsstatistiken ein eher ernüchterndes Bild: So hat sich die Zahl der Einbürgerungen seit der Reform 2000 nicht erhöht, sondern ist kontinuierlich von 242.000 im Jahr 1999 auf nur noch 96.000 im Jahr 2009 4 gesunken. Vor allem die Optionspflicht innerhalb des Staatsbürgerschaftsrechts lässt viele Migrantinnen und Migranten vor der endgültigen Annahme der deutschen Staatsangehörigkeit zum Preis der Aufgabe ihrer alten Staatsbürgerschaft zurückschrecken. Dementsprechend bleiben der Mehrzahl der Migrantinnen und Migranten klassische Partizipationsmöglichkeiten wie die Teilnahme an politischen Wahlen weiterhin versperrt, nicht zuletzt auch deshalb, weil in Deutschland – anders als in Nachbarländern wie den Niederlanden – weiterhin ein kommunales Wahlrecht für Ausländer außerhalb der Europäischen Union fehlt. Somit bleibt den Drittstaatenangehörigen lediglich die politische Teilhabe innerhalb der Ausländerbeiräte bzw. Integrationsräte, die in Entscheidungsprozessen mit ausländerpolitischen Bezug durch die Kommunalparlamente angehört werden müssen. Das nachlassende Vertrauen vieler Ausländer in deren Einflusswirkung spiegelt sich in einer nur geringen Beteiligung an den Wahlen zu diesen Gremien wider, die bspw. in Nordrhein Westfalen von noch 27,4 Prozent im Jahr 1995 auf den Wert von etwa 11,2 Prozent im Jahr 2010 sank.5
Während bei Einwanderern das klassische, politische Partizipationspotenzial also noch nicht ausgeschöpft zu sein scheint, rücken seit dem Beginn dieses Jahrtausends auch Formen des bürgerschaftlichen Engagements und der Selbstorganisation durch Migrantinnen und Migranten immer stärker in den Fokus. Zahlreiche, vor allem von Regierungsstellen in Auftrag gegebene Forschungsprojekte der letzten gut zehn Jahre fragen nach den Möglichkeiten zivilgesellschaftlicher Organisationen von Einwanderern, Brücken schlagende Netzwerke zu bilden und damit eine partizipationsfördernde Wirkung zu entfalten. Auch die 1999 eingesetzte Enquete- Kommission des Deutschen Bundestages zur „Zukunft des Bürgerschaftliches Engagements“ widmete sich in einem Abschnitt der Rolle von „Migrantinnen und Migranten“ und stellte darin fest: „Ein bundesweites Integrationsprogramm muss die strukturierte Einbindung zivilgesellschaftlichen Engagements und insbesondere der Migrantenselbstorganisationen ermöglichen.“ (Deutscher Bundestag 2002: 329)
Eine deutliche Aufwertung von Migrantenselbstorganisationen (MSO) bildeten die seit 2006 einberufenen staatlichen Dialoggremien des Integrationsgipfels und der Deutschen Islamkonferenz. So wurden MSO auf dem durch die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Integration und Flüchtlinge im Kanzleramt organisierten Integrationsgipfel an der Ausarbeitung eines Nationalen Integrationsplans (NIP) beteiligt, der im Juli 2007 verabschiedet wurde. Muslimische Organisationen waren seit Herbst 2006 auf Einladung des Bundesinnenministers auf der Deutschen Islamkonferenz zu Gast, auf welcher Vertreter des (organisierten) Islam und des Staates über die Integration der Muslime und des Islam in Deutschland beraten. In beiden Gremien wurde von Seiten der eingeladenen Migranten bzw. Muslime jedoch auch wiederholt Kritik an einer fehlenden Mitsprache in Bezug auf Themen und Ausgestaltung dieser Konferenzen geäußert und ein Mangel an konkreten Ergebnissen kritisiert. Auf der anderen Seite sehen sich MSO jedoch auch selbst wiederholt mit Kritiken konfrontiert, in denen vor allem eine fehlende Repräsentativität dieser Organisationen, aber auch deren noch ungenügende Professionalität bemängelt werden.
Bürgerschaftliches Engagement von Einwanderern birgt durchaus Chancen, ist aber (noch) bei weitem nicht ohne Probleme – soviel lassen die knappen Skizzierungen bereits erahnen. Dieser Themenschwerpunkt möchte einen Beitrag dazu leisten, die unterschiedlichen Formen der Partizipation und des Engagements von Einwanderern in Deutschland aufzudecken und dabei sowohl die Potenziale als auch die Risiken aufzuzeigen.
Eine repräsentative Bestandsaufnahme des bürgerschaftlichen Engagements der größten Einwanderungsgruppe in Deutschland, der türkeistämmigen Migrantinnen und Migranten, bietet der Beitrag von Dirk Halm. Halm stellt darin Daten einer repräsentativen Befragung unter der erwachsenen türkeistämmigen Bevölkerung vor und vergleicht diese mit Ergebnissen des Freiwilligensurveys zur einheimischen Bevölkerung. Demnach weist die türkeistämmige Bevölkerung mit einem Anteil von fast zwei Dritteln eine ebenso große Beteiligung in „zivilgesellschaftlichen Kontexten“ auf wie die einheimische Bevölkerung. 16 Prozent der türkeistämmigen Engagierten sind dabei nur in einem deutschen, 44 Prozent sowohl in einem deutschen als auch türkischen Kontext aktiv. Halm schließt aus diesen Zahlen zwar auf eine vorhandene „Komplementarität“ deutscher und türkischer Netzwerke, weist aber gleichzeitig auf nach wie vor bestehende Hürden für die Partizipation türkischer Einwanderer in einheimischen zivilgesellschaftlichen Organisationen hin. Somit sei eine Engagementförderung gefordert, welche den Besonderheiten dieser Bevölkerungsgruppe gerecht werde und dabei nicht nur das integrative Potenzial des Engagements von Migrantinnen und Migranten nutzt, sondern der „Behebung von Beteiligungsengpässen“ in der deutschen Gesellschaft insgesamt entgegenwirke.
Die Besonderheiten der Lebenswelten von Einwanderern in Deutschland und die Folgen für deren Partizipation versucht Sebastian Beck anhand einer Milieuperspektive in seinem Beitrag näher zu ergründen. Er stellt acht Migranten- Milieus vor, in denen er ein je unterschiedliches Potenzial für das Engagement auf der lokalen, städtischen Ebene identifiziert. Beck leitet aus seinen Daten „gebremste Potenziale“ bei der lokalen Beteiligung ab, die sich in vielen Milieus in einer Diskrepanz zwischen grundsätzlicher Bereitschaft zum Engagement und tatsächlicher Partizipation widerspiegeln. Somit würden hier auch Integrationspotenziale verschenkt, da sich ein Zusammenhang zwischen Engagement und integrativen Wertorientierungen herstellen lässt.
Miguel Vicente lenkt den Blick auf ein Instrument für die Partizipation von Einwanderern, das staatlicherseits seit den 1970er Jahren eingerichtet wurde: die Ausländerbeiräte, die heute zumeist unter dem Namen „Integrationsräte“ firmieren. Vicente beschreibt den Wandel der Beiräte von berufenen Expertengremien zu gewählten Interessenvertretungen der Migrantinnen und Migranten, die oftmals erste Ansprechpartner für Politik und Verwaltung darstellen. Damit die Beiräte ihre Stärken gut ausspielen und eine prominente Rolle in der Partizipationskultur der Migrantinnen und Migranten spielen können, ist ein besonderes Augenmerk auf die Rahmenbedingungen zu richten: Hierzu zählt Vicente vor allem die Unterstützung bei Professionalisierungsbemühungen der zumeist ehrenamtlich agierenden Beiräte.
Siglinde Naumann nimmt in ihrem Beitrag MSO als Träger des Engagements von Migrantinnen und Migranten in den Blick. Sie geht dabei auf Veränderungsprozesse in diesen Selbstorganisationen ein, die sich in Folge der Aufwertung ihrer Rolle als Partner staatlicher Akteure entwickelt haben. Dabei identifiziert sie bestimmte „Erfolgsfaktoren“, welche dazu beitragen, dass MSO ein solcher Wandel in Richtung Professionalisierung tatsächlich gelingt. Als notwendige Voraussetzung für den Erfolg macht sie schließlich auch staatliche Förderkonzepte aus, welche bisher jedoch nicht nur in den verschiedenen Bundesländern noch sehr unterschiedlich ausfielen, sondern auch mit den von MSO selbst artikulierten Bedarfen oftmals nicht übereinstimmten. Naumann fordert von der staatlichen Förderpolitik daher, MSO stärker als Träger von integrationsfördernden Projekten anzuerkennen und die Bildung von Netzwerken der MSO untereinander, aber auch zwischen MSO und gesellschaftlichen wie staatlichen Akteuren des Aufnahmelandes anzuregen.
Olga Zitzelsberger und Patricia Latorre gehen der Rolle von MSO innerhalb eines konkreten Politikfeldes auf den Grund: der Sozialen Arbeit. Besonders in diesem Feld würden MSO immer häufiger als „ideale Vermittler und Multiplikatoren zu den Migranten-Communities“ wahrgenommen. Gleichzeitig zeigen die Autorinnen jedoch auch Hindernisse auf, welche sowohl auf Seiten der MSO also auch ihrer aufnahmegesellschaftlichen Partner einem „Dialog auf Augenhöhe“ noch im Wege stehen. So fehle es auf Seiten der Selbstorganisationen an professionellen Strukturen sowohl in Bezug auf hauptamtlich beschäftigte Mitarbeiter als auch hinsichtlich innerverbandlicher Arbeitsabläufe. Auf der anderen Seite ließen Institutionen der Mehrheitsgesellschaft mitunter nicht nur eine interkulturelle Öffnung, sondern auch die Anerkennung von MSO als gleichberechtigte Verhandlungspartner noch vermissen.
Matthias Kortmann lenkt den Blick auf die islamischen Organisationen, über die innerhalb der Debatte um MSO in besonderem Maße gestritten wird. Dabei dreht sich diese Debatte insbesondere um die Frage, inwieweit sich muslimische Einwanderer in Richtung Integration oder Segregation bewegen und welche Rolle die islamischen Verbände dabei spielen. Kortmann nimmt in seinem Beitrag den Integrationsbegriff selbst intensiver in den Blick und analysiert, wie dieser aus der Perspektive der islamischen Organisationen definiert wird. Er geht dabei von einem Einfluss nationaler Gelegenheitsstrukturen aus, die – in der Form von Integrationsregimen und Religionspolitiken – ein bestimmtes Integrationsverständnis bei muslimischen MSO begünstigen. Dies lässt sich in einem deutsch-niederländischen Vergleich nachweisen: Während sich muslimische Verbände in den Niederlanden auf das dort traditionelle Integrationsmodell des Multikulturalismus berufen und die Wahrung ihrer Herkunftsidentität einfordern, ziehen sie in Deutschland mitunter Formen einer Akkulturation sowie ‚hybriden‘ Identitätsbildung im Aufnahmeland in Betracht.
Mit den Flüchtlingen beleuchtet Brigitte Mies-van Engelshoven eine Zuwanderungsgruppe, die in der Frage der Partizipation und des bürgerschaftlichen Engagements von Migrantinnen und Migranten meist vernachlässigt wird. Umso deutlicher unterstreicht die Autorin, dass gerade Flüchtlinge, die nicht nur mit einer schwierigen Lebenssituation konfrontiert sind, sondern zumeist auch über keinen sicheren Aufenthaltsstatus verfügen, auf freiwilliges Engagement dringend angewiesen seien und plädiert dafür, auch das eigene Engagement von Flüchtlingen „ohne Einschränkung“ zu ermöglichen. Insbesondere den unsicheren Rechtsstatus gelte es daher zu verbessern, um der bisherigen Randstellung der Flüchtlinge entgegenzuwirken und ihnen gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen. Gleichzeitig macht sie auf aufnahmegesellschaftliche Initiativen aufmerksam, mit Hilfe derer die Vernetzung vor allem jugendlicher Flüchtlinge verbessert und diesen damit nach ihrer Entwurzelung im Herkunftsland eine Perspektive der Teilhabe im Aufnahmeland geboten werde.
Vier weitere Beiträge betrachten das Wirken von MSO stärker anhand von Erfahrungen aus der Praxis, wobei zwei Beiträge von staatlichen Akteuren und zwei von Mitgliedern zivilgesellschaftlicher Organisationen stammen. Innerhalb der staatlichen Perspektive werden mit Katrin Hirseland vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und Helga Nagel vom Amt für multikulturelle Angelegenheiten (AmkA) der Stadt Frankfurt am Main sowohl die Bundes- als auch die kommunale Ebene berücksichtigt.
Katrin Hirseland stellt Empfehlungen des – unter Federführung des BAMF und Mitwirkung von MSO entstandenen – bundesweiten Integrationsprogramms vor, das Vorschläge unterbreitet, wie MSO gestärkt und ihre Zusammenarbeit mit staatlichen Akteuren aller föderalen Ebenen verbessert werden können. Ein integrationsförderndes Potenzial wird MSO in diesem Programm zudem in ihrer Rolle als Orte des bürgerschaftlichen Engagements beigemessen, in denen, so Hirseland, „Beteiligungsund Mitgestaltungsmöglichkeiten erschlossen und gefördert“ werden könnten. Mit einer auf die Professionalisierung der MSO zielenden Projektförderung sowie entsprechenden Qualifizierungsmaßnahmen wolle das BAMF selbst schließlich einen Beitrag leisten, deren integratives Potenzial zu entfalten.
Helga Nagel schildert ihre Erfahrungen aus dem Blickwinkel einer Dezernentin für multikulturelle Angelegenheiten in einer Großstadt mit besonders hohem Einwandereranteil: Frankfurt am Main. Die Stadt kann dabei auf eine gewisse Tradition in der Zusammenarbeit mit MSO zurückblicken, war sie doch im Jahr 1989 eine der ersten Kommunen, die – damals mit Daniel Cohn-Bendit – einen „Dezernenten für multikulturelle Angelegenheiten“ berief. Diese Tradition bildet den Grundstein für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen fast 300 MSO und dem Dezernat, das sich beispielsweise an der Förderung von bis zu 150 Projekten von MSO in der Stadt beteiligt. Ungeachtet dieser Erfolgsbilanz sei jedoch die Beachtung ihrer Voraussetzungen gerade auf kommunaler Ebene mehr denn je gefragt: „Offenheit, Einladung, Anerkennung und Wahrnehmung und die Bereitschaft zur Beteiligung auf Augenhöhe.“
Zwei Kurzbeiträge stellen schließlich die Arbeit spezifischer Initiativen zur Partizipation und zum Engagement von Einwanderern innerhalb von zivilgesellschaftlichen Organisationen der Aufnahmegesellschaft vor. Ansgar Klein und Susanne Huth beschreiben die Arbeit der Arbeitsgruppe 5 „Migration/Integration“ innerhalb des Bundesnetzwerks Bürgerschaftliches Engagement (BBE). In dieser AG tauschen verschiedene Organisationen der einheimischen Zivilgesellschaft, darunter auch MSO des Bundeszuwanderungs- und Integrationsrates, Erfahrungen und Kenntnisse in Bezug auf Partizipation und Engagement von Migrantinnen und Migranten aus. In regelmäßigen Fachkongressen widmet sich das BBE zudem spezifischen Förderbedarfen von und konkreten Unterstützungsmöglichkeiten für MSO. Sergio Cortés beschreibt das Forum der Migrantinnen und Migranten (FdM) im Paritätischen Gesamtverband, in dem 140 MSO aus ganz Deutschland organisiert sind. In den einmal jährlich abgehaltenen Mitgliedsversammlungen widmet sich das Forum dabei sowohl der Integration von Migrantinnen und Migranten auf der individuellen Ebene (politische Partizipation, Bildung) als auch der Förderung und Qualifizierung von MSO.
Aufgegriffen wird der Themenschwerpunkt auch in den Rubriken: Masoumeh Bayat rezensiert neue Literatur zum Engagement von Migrantinnen und Migranten, und im Pulsschlag berichtet Jan Rohwerder von einer Vortragsreihe zum Thema Multikulturalität.
Matthias Kortmann (Münster), Ansgar Klein (Berlin), Jan Rohwerder (Aachen)
Anmerkungen
1 Wir bedanken uns bei Maika Stachowski für die Unterstützung bei der Fertigstellung des Heftes. [zurück]
2 Der offizielle Titel des Gesetzes lautet „Gesetz zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern“. [zurück]
3 http://www.svr-migration.de/wp-content/uploads/2010/11/svr_jg_2010.pdf [28.04.2011]. [zurück]
4 http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Co... [28.04.2011]. [zurück]
5 http://www.integrationsratswahlennrw.de/xd/public/content/index.html [28.04.2011]. Literatur Deutscher Bundestag 2002: Bericht der Enquete-Kommission „Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagement“: Auf dem Weg in eine zukunftsfähige Bürgergesellschaft. [zurück]
Literatur
Deutscher Bundestag 2002: Bericht der Enquete-Kommission „Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagement“: Auf dem Weg in eine zukunftsfähige Bürgergesellschaft. Drucksache 14/8900.