Nach der Unterzeichnung der Schlussakte der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Helsinki 1975 veränderte sich die Lage. Außer Bürger- und Menschenrechten wurde auch Frieden als Schlüsselwort »von unten« wahrgenommen. Seit Anfang der achtziger Jahre traten auch in den »real-sozialistischen« Ländern Gruppen an die Öffentlichkeit, die Frieden als politisches Deutungsmuster zuspitzten. In der DDR spielten die Initiative Frieden und Menschenrechte (IFM) und informelle Gruppen im Umfeld der evangelischen Kirchen eine integrierende Rolle. In Polen brachten Ende der achtziger Jahre die Gruppen »Freiheit und Frieden« (WiP) und die »Orangene Alternative« Frieden als politisches Thema in die (Gegen-) Öffentlichkeit. In der Tschechoslowakei bildeten sich außerhalb der Charta 77 unabhängige Friedensinitiativen, die auch zu den Akteuren der samtenen Revolution von 1989 zählten. In Ungarn wurden seit 1982 Zirkel von Wehrdienstverweigerern aktiv, die neben politisch engagierten Intellektuellen das Friedensthema aufgriffen; vor allem auf dem Hintergrund der Proteste gegen Raketenstationierungen in West- und Ost-Europa. Der Beitrag analysiert die zivilgesellschaftlichen Kontexten der Friedensbewegung in Ostmitteleuropa. Unter vergleichenden Gesichtspunkten wird die Rolle von Friedensinitiativen als soziale Bewegungen in der Spätphase des »Real-Sozialismus« erörtert.
Autor: Helmut Fehr
Supplement zu FJ SB Heft 4/2017